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Himmelsreisebücher
aus
der Entstehungszeit des AT und NT
Die griechische Baruch-Apokalypse
(3. Baruch
1. - 3. Jh. n. Chr.)
Inhalt:
Himmelsreise Baruchs
Umfang:
17 Kapitel
Entstehungszeit:
1.-3. Jh.
n. Chr.
Originalsprache:
Griechisch
Überliefert
in: Griechisch
und Slavisch
Griechischer
Text: Picard,
J.-C.: Apocalypsis Baruchi Graece, Leiden 1967 (PVTG 2).
Deutsche
Übersetzung: Hage,
Wolfgang: Die griechische Baruch-Apokalypse, in: JSHRZ 5, 1974, 15-44.
Englische
Übersetzung:
Gaylord, Harry E.: 3 (Greek Apocalypse of) Baruch, in: OTPs I, 1983,
653-679
1
Ankündigung der Offenbarung der Geheimnisse an Baruch.
Ich, Baruch, weinte in meinem Sinn
und war betrübt über
das Volk, und daß es dem Könige Nebukadnezar von
Gott gestattet morden war,
seine Stadt zu zerstören, indem ich [folgendermaßen]redete:
"O Herr! Wozu hast du deinen Weinberg angezündet und ihn verödet?
Warum hast du das getan?
Und warum, Herr, hast du uns nicht einer anderen Züchtigungdahingegeben,
sondern hast uns solchen Heiden preisgegeben, daß sie nun
[uns] schmähend sagenkönnen: "Wo ist [nun] ihr Gott?"
Und siehe, währen dich weinte und
solches sagte, sehe ich einen Engel des Herrn herbeikommen und zu mir
sagen:
"Vernimm, o Mensch, du Mann meines Wohlgefallens, und sorge dich nicht
sosehr um die Errettung Jerusalems.
Denn dies sagt Gott, der allmächtige
Herr, er
hat mich nämlich vor dein
Angesicht hergesandt, damit ich dir alle Dinge Gottes kündeund zeige.
Denn dein Gebet ist erhört worden vor ihm und ist in die Ohren
Gottes des Herrn eingedrungen!Und als er dies zu mir gesagt hatte, schwieg ich still.
Und es sprichtder
Engel [weiter] zu mir: "Höre auf, Gott zum Zorne zu reizen,
und ich will
dir andere Geheimnisse zeigen, die noch größer sindals diese."
Da sprach ich, Baruch, also: "So wahr Gott der Herr lebt! Wenn du mir's zeigen
willst, und ich etwas von dir hören werde, so will ich nicht
fortfahren nochreden. Gott möge am Tage des Gerichts fortfahren, mich zurichten, wenn ichnoch weiter rede."
Und es sagte zu mir der Engel der Kraft: "Wohlan, so will ich dir denn die Geheimnisse Gottes zeigen."
2
Der erste Himmel.
Und er nahm mich und brachte mich
dahin, wo der Himmel
befestigt ist, und wo ein Strom war, den niemand zu
überschreiten vermag, auch
nicht der fernste Windhauch, von allen den [Winden], die Gott
geschaffen hat.
Und er nahm mich und brachte mich zum ersten Himmel und zeigte mir eingewaltiggroßes Tor.
Und er sprach zu mir: "Laßt uns durch dasselbe
hineingehen!" Und wir gingen hinein, wie von Flügeln getragen,
eineWegstrecke von ungefähr 30 Tagesreisen.
Und er zeigte mir inwendig im Himmel
eine Ebene. Und es wohnten Menschen auf ihr, die Gesichter wie Rinder
und
Hörner wie Hirsche und Füße wie Ziegen undHüften wie Lämmer hatten.
Und ich, Baruch, fragte den Engel: "Künde mir, bitte, wie
groß die Dicke des Himmels
ist, in dem wir gewandert sind, oder wie groß sein Abstand
ist, oder wie groß
diese Ebene ist, damit auch ich es den Menschenkindern kundthun kann."
Da sprach zu mir der Engel mit Namen 'Phanuel: "Dieses Tor, das du
siehst,
ist das Himmelstor, und ebenso groß wie [der Abstand] von
der Erde bis zum
Himmel ist, ist auch seine Dicke; und ebenso groß wie [der
Abstand] vom Norden
bis zum Süden ist', ist weiter auch die Ausdehnung der Ebene,
die dusiehst."
Und weiter spricht zu mir der Engel der Kraft: "Wohlan, ich will dir noch größere Geheimnisse zeigen." Ich aber
sagte: "Ich bittedich, zeige mir, was das für Menschen sind."
Und er sprach zumir:
"Das sind die, die den Turm des Kampfes gegen Gott erbaut hatten, und
es
vertrieb sie der Herr von ihrer Stätte."
3
Der zweite Himmel.
Und der Engel nahm mich und brachte
mich in einen zweiten
Himmel. Und er zeigte mir auch dort ein Tor, ähnlich dem
ersten und sprach:"Laß uns durch dasselbe hineingehen!"
Und wir gingen von Flügeln
emporgehoben eine Wegstrecke von etwa 60 Tagen hinein. Und er zeigte
mir auch
dort eine Ebene, und sie war angefüllt von Menschen, deren
Aussehen dem vonHunden glich, und die Hirschfüße hatten.
Und ich fragte den Engel: "Ich
bitte dich, Herr, sage mir, was das für Leute sind." Und er
sprach:
"Das sind die, die den Rat gegeben haben, den Turm zu bauen. Sie
nämlich,
die du [hier] siehst, trieben eine groß Menge von
Männern und Weibern hinaus,um Ziegel zu streichen.
Unter ihnen war ein ziegelstreichendes Weib, der man in
der Stunde, wo sie zum Gebären kam, nicht gestattete
weg zu gehen; sondern
ziegelstreichend gebar sie, und indem sie ihr Kind in einem Leintuche
trug,strich sie [weiter] Ziegel.
Und es erschien ihnen der Herr und veränderte ihreSprachen, nachdem sie den Turm bis auf 363 Ellen erbaut hatten.
Und sie nahmen
einen Bohrer und bemühten sich, den Himmel anzubohren, indem
sie sagten:
"Laßt uns sehen, ob der Himmel tönern ist oder
ehern oder eisern!
Als dies Gott sah, gestattete er es ihnen nicht [länger],
sondern schlug sie mit
Blindheit und mit Sprachenveränderung und brachte sie in den
Zustand, in
welchem du sie [jetzt] siehst."
4
Der dritte Himmcl.
Und
ich, Baruch,
sprach: "Siehe, o Herr! Großes und Wunderbares hast du mir
[bereits]gezeigt. Und nun zeige mir jetzt alles um des Herrn willen."
Und der Engel
sprach zu mir: "Wohlan, laß uns hindurchgehen!" Und ich ging
mit dem
Engel von jenem Ort etwa 185 Tagereisen weiter hinein. Und er zeigte
mir eine
Ebene und eine Schlange, die etwa 200 Plethra (= 6 Kilometer) lang zu
seinschien.
Und er zeigte mir den Hades, und sein Aussehen war finster und abscheulich. Und ich sprach: "Was ist das für eine Sprache, und
was ist dasfür ein Ungeheuer, das um ihn herumliegt?"
Und der Engel sprach: "Der
Drache ist der, welcher die Leiber derer frißt, die ihr Leben
schlecht
verbracht haben, und er nährt sich von ihnen. Und das ist der
Hades, der ihm
auch seinerseits so ziemlich ähnlich ist, indem er auch von
dem Meer ungefähreine Elle trinkt, ohne das dieses etwas abnimmt."
Baruch sprach: "Und wie geht das zu?" Und der Engel sprach: "Höre zu! Gott der
Herr hat
360 Ströme gemacht, von denen die aller ersten Alphias und
Abyros und derGerikos sind. Und infolge deren nimmt das Meer nicht -."
Und ich sprach:
"Ich bitte dich, zeige mir, was für ein Baum den Adam
verführt hat! "
Und der Engel sprach: "Der Weinstock ist es, den der Engel 'Samael'gepflanzt hatte, worüber Gott der Herr zornig wurde.
Und erverfluchte ihn und
das von ihm gepflanzte Gewächs, das er deshalb auch den Adam
nicht zu berühren
gestattete; und darum verführte ihn der Teufel aus Neid durch
seinenWeinstock."
Da sprach ich, Baruch: "Und da nun der Weinstock so großes Unheil hervorgerufen hat und von Gott dem Fluch
unterworfen und die
[Ursache der] Tötung das ersten Menschen geworden ist, wie
darf er da noch[immer] so viel verwendet werden?"
Und es sprach der Engel: "Mit Recht fragst du. Als Gott die Sintflut über die Erde brachte
und alles Fleisch
vernichtete und auch die 4 090 000 Giganten, und das Wasser noch
fünfzehn Ellen
höher stieg als die höchsten Berge, da drang das
Wasser auch in das Paradies
hinein und vernichtete alle Blüten; die Rebe das Weinstocks
aber riß es ganzund gar heraus und spülte sie weg.
Und als die Erde von dem Wasser [wieder frei
und] sichtbar geworden war, und Noah aus der Arche heraustieg, da
begann er vonden Gewächsen, die sich vorfanden, an zu pflanzen.
Er fand aberauch die Rebe,
und indem er sie nahm, dachte er bei sich: Was ist denn das? Und ich
trat hinzuund sagte ihm, was es für eine Bewandtnis mit jener habe.
Under sprach:
"Darf ich sie nun pflanzen oder was [soll ich tun], da doch Adam durch
sie ins Verderben kam, damit ich nicht etwa auch selber dem Zorne
Gottes durchsie verfalle?'
Und nachdem er dies gesagt hatte, betete er, Gott möge ihm in
Bezug auf sie offenbaren, was er tun solle. Und nachdem er vierzig
Tage lang
das Gebet verrichtet hatte, sprach er unter eifrigem Flehen und Weinen:
"OHerr! Ich rufe dich an, damit du mir offenbarest, was ich
rücksichtlich dieserPflanze tun soll.
« Gott aber sandte seinen Engel, denSarasael, und der sprach
zu ihm: "Steh auf, Noah, pflanze die Rebe; denn so spricht der Herr:
Das
Bittere daran wird verwandelt werden in Süßes, und
der Fluch, der daran haftet,
wird zum Segen werden, und das, was von ihr gewonnen wird, wird zum
Blute
Gottes werden; und wie durch sie das Menschengeschlecht die Verdammung
davon getragen hat, so werden sie hin wiederum durch Jesus Christus, den
Immanuel, in ihr die Berufung nach oben empfangen und den Eingang ins
Paradies."
So wisse denn nun, Baruch, daß, gleichwie Adam durch diesesGewächs die
Verdammnis davon getragen hat und der göttlichen Herrlichkeit
entkleidet worden
ist, so auch die jetzigen Menschen, wenn sie den Wein, der von ihm
gewonnen
wird, übermäßig 'trinken', schlimmer als
Adam die Übertretung verüben und sich
weit weg von der göttlichen Hoheit entfernen und sich selber
dem ewigen Feuerüberliefern.
Denn 'keinerlei' Gutes kommt von ihm. Denn die, welche ihn (den
Wein) bis zum Übermaß trinken, tun [alles] das
Folgende: Nicht erbarmt sich
der Bruder seines Bruders, noch auch der Vater seines Sohns, noch auch
die
Kinder ihrer Eltern; vielmehr kommt durch das Weintrinken alles
[Schlimme], wie
Totschlag Ehebruch, Buhlerei, Meineid, Diebstahl und dem
Ähnliches. Dagegen kommt
durch ihn [schlechterdings] nichts Gutes zustande."
5
Und ich, Baruch, sprach zum Engel:
"Ich lege dir [nur
noch] eine Frage vor, 0 Herr! Da du mir gesagt hast, das der Drache aus
dem
Meer eine Elle trinkt, so sage mir auch, wie groß sein Bauchist."
Und derEngel sprach: "Sein Bauch ist der Hades; und soweit eine Bleikugel von
300
Männern geschleudert wird, so groß ist sein Bauch.
Komm nun, damit ich dir noch
größere Dinge als diese zeige.''
6
Und er nahm mich und brachte mich
dorthin, wo die Sonne ihren
Ausgangsort hat, und zeigte mir einen vierrädrigen Wagen,
unter welchem Feuer
loderte, und auf dem Wagen saß ein Mann, der eine Feuerkrone
trug. Und derWagen wurde von vierzig Engeln in Bewegung gesetzt.
Und siehe, ein Vogel lief
[mit] herum vor der Sonne der, wie neun Berge [groß]. Und ich
sagte zu dem
Engel: "Was ist das für ein Vogel?" Und er sagte zu mir: "Dasist der Wächter des Erdkreises."
Und ich sagte: "O Herr, inwiefern
ist das der Wächter des Erdkreises? Mache mich damit
bekannt!" Und der Engel
sagte zu mir: "Dieser Vogel läuft neben der Sonne her, und
in dem er dabei
seine Flügel ausbreitet, fängt er ihre Strahlen auf,
die feuerähnlich sind. Wenn er sie nämlich nicht auffangen würde, sowürde weder das
Menschengeschlecht am Leben bleiben noch irgend ein anderes Lebewesen.
Aber Gott hat [eben] diesen Vogel dazu angestellt." Und er breitete seine
Flügel aus, und ich sah auf seinem rechten Flügel
gewaltig große Buchstaben,
[so groß,] wie eine Tenne Platz einnimmt, die Raum hat
für ungefähr viertausendModien. Und es waren goldene Buchstaben.
Und der Engel sprach zu mir: "Lies sie!" Und ich las, und sie lauteten so: "Weder die Erde
bringt mich hervor noch auch der Himmel, sondern die
Feuerflügel bringen mich
hervor." Und ich sprach: "O Herr, was ist das für ein Vogel,
und
welches ist sein Name?" Und der Engel sagte zu mir: "Phönix
heißt
sein Name." Und ich sprach: "Und was frißt er?" Und er sagte
zu
mir: "Das Manna des Himmels und den Tau der Erde." Und ich sprach:
"Giebt der Vogel auch Kot von sich?" Und er sprach zu mir: "Er
giebt als Kot einen Wurm von sich, und der Kot des Wurms wird der
Zemmet, dendie Könige und die Fürsten verwenden.
Warte aber [noch eine Weile], so wirst du
die Herrlichkeit Gottes schauen." Und während er so mit mir
redete, entstand
wie ein Donnerschlag, und es erbebte der Ort, auf dem wir standen. Und
ich
fragte den Engel: "0 mein Herr! Was ist das für ein Schall?"
Und der
Engel sprach zu mir: "Gerade jetzt öffnen die Engel die 365
Thore desHimmels, und es scheidet sich Licht von der Finsternis."
Und es kam eine
Stimme, die sprach: "Lichtspender, spende der Welt den Lichtglanz!"
Und als ich das Rauschen des Vogels hörte, sagte ich: "Herr!
Was ist das
für ein Rauschen?" Und er sagte: "Dieses Rauschen weckt die
Hähne auf
der Erde aus ihrem Schlafe auf. Gleichwie nämlich [die
Menschen] durch den
Mund, so macht sich auch der Hahn den [anderen Wesen] in der Welt in
seiner ihm
eigentümlichen Sprache verständlich. Denn wenn die
Sonne von den Engeln
zurechtgemacht wird, so kräht der Hahn."
7
Und ich sprach: "Und wo begiebt sich
die Sonne an ihre
Tagesarbeit, nachdem der Hahn gekräht hat?" Und der Engel
sprach zu mir:
"Höre mir zu, Baruch! Alles, was ich dir gezeigt habe, ist im
ersten und zweiten Himmel.
Und im ersten Himmel wandelt die Sonne entlang und spendet der
Erde das Licht. Doch harre aus, so wirst du die Herrlichkeit Gottes
schauen." Und während ich so mit ihm rede, sehe ich den Vogel,
und er
wurde zuvörderst sichtbar, und nach und nach wuchs er und
[endlich] wurde er vollständig[sichtbar].
Und hinter ihm [sehe ich] die Sonne hervorblitzen und mit ihr die
Engel, wie sie zogen, und eine Krone auf ihrem Haupte, ein Anblick, auf
den wir
nicht die Augen richten und hinsehen konnten. Und gleichzeitig damit,
daß die
Sonne erstrahlte, breitete auch der Phönix seine
Flügel aus. Als ich aber diese
großartige Herrlichkeit schaute, ward ich infolge des
gewaltigen Schrecks
[ganz] eschöpft, und ich floh hinweg und verbarg mich in den
Flügeln des
Engels. Und der Engel sprach zu mir: "Fürchte dich nicht,
Baruch, sondern
harre aus, so wirst du auch ihren Untergang schauen."
8
Und er nahm mich und brachte mich
nach Sonnenuntergang. Und
als die Zeit kam zum Untergehen, da sehe ich wieder gerade vor mir den
Vogel
kommen. Und gleichzeitig damit, das er kam, sehe ich die Engel, und sie
nahmen
ihm die Krone vom Haupte ab. Der Vogel aber stand ganz
erschöpft und mit
zusammengezogenen Flügeln da. Und als ich dies sah, sagte ich:
"O Herr!
warum haben sie die Krone vom Haupte der Sonne abgenommen, und warum
ist derVogel so sehr erschöpft?"
Und der Engel sprach zu mir: "Die Krone der
Sonne nehmen, wenn sie den Tag durchlaufen hat, vier Engel in Empfang
und
tragen sie in den Himmel hinauf und erneuern sie, dieweil sie und ihre
Strahlen
auf der Erde befleckt worden sind. Übrigens wird sie so an
jedem Tagerneuert."
Und ich, Baruch, sprach: "O Herr! Und warum werden ihreStrahlen auf der Erde befleckt? Und der Engel sprach zu mir: "Weil sie
die
Gesetzesübertretungen und die Sünden der Menschen mit
ansehen muß, als da sind
Buhlerei, ist Ehebruch, Diebstähle, Raub,
Götzendienst, Trunkenheit, Totschlag,
Streitereien, Eifersucht, Verdächtigungen, Murren,
Ohrenbläserei, Wahrsagereiund dem Ähnliches, was Gott nicht wohlgefällt.
Um des willen wird sie befleckt
und um des willen muß sie erneuert werden. Betreffs des Vogels
aber [fragst du],
wie es kommt, daß er [so] erschöpft ist? Weil er
dadurch, das er die Strahlen
der Sonne abhält, durch das Feuer und die Hitze den ganzen Tag
über, durch dies
[beides so] mitgenommen wird. Denn wenn seine Flügel nicht,
wie wir immer
gesagt haben, die Strahlen der Sonne ringsum bedeckten, so
könnte keine Seele
am Leben bleiben."
9
Und als diese (die Sonne und der
Vogel) sich zurück gezogen
hatten, da brach die Nacht herein, und zugleich mit ihr [kam] der Wagen
des
Mondes samt den Sternen. Da sprach ich, Baruch: "O Herr! Zeige mir auch
diesen, darum bitte ich dich, wie er hervorgeht, und wo er hingeht und
auf
welche Weise er einherwandelt." Und der Engel sprach: "Warte, sowirst du auch ihn gar bald sehen."
Und am folgenden Morgen seh ich auch ihn in Gestalt eines Weibes und auf einem Wagen mit Rädern
sitzend. Und vor ihm
her waren Rinder und Lämmer an dem Wagen und eine
große Zahl von Engeln in
ähnlicher Weise. Und ich sprach: "O Herr! Was sind das
für Rinder und für
Lämmer?" Und er sagte zu mir: "Engel sind auch diese." Und
weiter fragte ich: "Und wie verhält es sich damit,
daß er bald zunimmt,
bald aber abnimmt?" Und er sagte zu mir: "Höre zu, Baruch! Er,
den duda siehst, war schon gezeichnet vom Herrn, wie kein anderer.
Und bei der
Übertretung des ersten Adam hielt er sich in der Nähe
des Samael, damals, als
dieser die Schlange als Gewand anlegte. Und er hielt sich nicht
versteckt,
sondern nahm [noch] zu, und Gott ergrimmte über ihn und
drückte ihn [zusammen]und kürzte seine Tage ab."
Und ich sprach: "Und wie kommt es,das er
nicht auch allezeit leuchtet, sondern ,nur in der Nacht?" Und der Engel
sprach: "Höre mir zu! Wie angesichts des Königs die
Hofleute nicht ihre
Meinung offen äußern dürfen, so
können auch der Mond und die Sterne nicht
angesichts der Sonne glänzen. Denn die Sterne hängen
zwar immer da, doch werden
sie von der Sonne verdeckt; und der Mond, obwohl er unversehrt bleibt,
wird
doch von der Hitze der Sonne völlig aufgezehrt."
10
Der vierte Himmel.
Als ich nun dies alles von dem
Erzengel erfahren hatte, nahm
er mich und brachte mich in einen 'vierten' Himmel. Und ich sah eine
einförmige
Ebene und mitten in ihr einen Teich voll von Wasser. Und es war in ihm
eine
große Menge von Vögeln aller Arten, aber nicht
ähnlich denen hier [auf der
Erde]. Aber ich sah einen Kranich [so groß] wie
große Rinder; und alle
übertrafen an Größe die [Vögel]auf der Erde.
Und ich fragte den Engel:"Was ist das für eine Ebene, und was für ein Teich,
und was für eine Menge
von Vögeln rund um ihn herum?" Und der Engel sprach:
"Höre mir zu,
Baruch: die Ebene, die den Teich umschließt und [alles das]
andere Wunderbare
auf ihr, ~ [der Ort], wo die Seelen der Gerechten hingehen, wenn sie
zusammenkommen,um in Chören zusammen zu leben.
Das Wasser aber ist das,welches die Wolken
erhalten, um es auf die Erde regnen zu lassen, und [wovon] die
Früchte
wachsen." Und ich sprach weiter zu dem Engel des Herrn: "Was sind das
aber für Vögel?" Und er sprach zu mir: "Das sind die,
dieimmer während dem Herrn lobsingen."
Und ich sprach: "O Herr! Und wie
können die Menschen sagen, daß das Wasser, welches
[auf die Erde herab]regnet,
vom Meere stammt?" Und der Engel sprach: "Das [Wasser,] das
herabregnet,
auch dieses stammt vom Meer und von den Gewässern auf Erden
her; das aber, das
die Früchte hervorbringt, kommt [nur] von diesen her. Wisse
weiter nun [auch
dies], daß von diesen das [Wasser] herstammt, das man den Tau
des Himmel
nennt."
11
Der fünfte Himmel.
Und von diesem nahm mich der Engel
und brachte mich in einen
fünften Himmel. Und das Tor war zugeschlossen. Und ich
sprach: "O Herr!
wird dieses Thor nicht geöffnet, daß wir hineingehen
können?" Und der
Engel sprach zu mir: "Wir können nicht [eher] hineingehen, als
bis
Michael, der Schlüsselbewahrer des Himmelreichs, herbeikommt.
Aber warte nur,so wirst du die Herrlichkeit Gottes schauen."
Und es enstand eingewaltiges Geräusch wie Donner. Und ich sprach: "O Herr! Was
ist das für
ein Geräusch?" Und er sprach zu mir: "Gerade jetzt steigt der
Engelfürst Michael hinab, um die Gebete der Menschen entgegen
zunehmen. Und
siehe, eine Stimme ließ sich vernehmen: "Die Tore sollen
gesegnetwerden!"
Und man öffnete, und es entstand ein Knarren [solaut] wie Donnerschall.
Und es kam Michael, und der Engel, der mir beigegeben, ging ihm
entgegen und
kniete vor ihm nieder und sprach: "Sei gegrüßt, du
mein Erzengel und derunserer ganzen Abteilung!"
Und der Engelfürst Michael sprach:"Auch
du mögest dich freuen, unser Bruder, und der du die
Offenbarungen denen
auslegst, die die Lebenszeit gut verbringen.» Und nachdem sie
sich so einander
begrüßt hatten, standen sie still. Und ich sah, wie
der Engelfürst Michael eine
gewaltig große Schale hielt, deren Tiefe so groß
war wie vom Himmel bis zur
Erde, und deren Breite so groß war wie vom Norden bis zumSüden.
Und ichsprach: "Herr! Was ist das, was der Erzengel Michael hält?"
Und er
sprach zu mir: "In diese [Schale] kommen alle die Tugenden der
Gerechten
und die guten Werke, die sie thun, hinein, welche dann vor den
himmlischen Gott
hergebracht werden" .
12
Und während ich mich mit
ihnen unterhielt, siehe, da kamen
Engel herbei, die Körbchen voll von Blumen trugen. Und sie
reichten sie dem
Michael hin. Und ich fragte den Engel: "O Herr! Was sind diese, und was
ist das, was von Seiten derselben hierhergebracht wird?" Und er sprach
zumir: "Das sind die Engel, die bei den 'Gerechten' sind."
Und der Erzengel nahm die Körbchen und warf sie in die Schale hinein.
Und der Engel spricht
zu mir: "Diese Blumen sind die Tugenden der Gerechten." 'Und ich sah,
wie andere Engel leere Körbchen trugen, die nicht
angefüllt waren. Und sie
kamen betrübt herbei und wagten nicht, näherzutreten,
dieweil sie dieKampfessprämien nicht vollzählig hatten.
Und Michaelrief laut und sprach:
"Tretet auch ihr herzu, ihr Engel! Tragt her, was ihr herbeigebracht
habt!" Und Michael ward sehr betrübt und auch der Engel bei
mir, dieweil
sie die Schale nicht gefüllt hatten.
13
Und hierauf kamen in gleicher Weise
andere Engel, weinend
und jammernd und furchtsam sagend: "Sieh, wie wir tief betrübt
sind, Herr,
weil wir schlechten Menschen zugewiesen worden sind; und [darum] wollen
wir uns
von ihnen zurückziehen." Und Michael sprach: "Ihr
könnt euch nicht
von ihnen zurückziehen, damit nicht schließlich der
Feind die Oberhand gewinne.Aber sagt mir, um was ihr bittet!"
Und sie sagten: "Wir bitten dich, Michael, unser Engelfürst, versetze uns von ihnen weg, da wir
es bei [den]
schlechten und unverständigen Menschen nicht länger
aushalten können, weil es
bei ihnen nichts Gutes giebt, sondern nur jegliche Ungerechtigkeit und
Habsucht. Denn wir sahen sie niemals in die Kirche gehen, noch auch zu
den
geistlichen Vätern, noch auch zu irgend einem guten Werke.
Sondern, wo ein Mord
verübt wird, da sind auch sie mitten darunter; und wo es
Buhlerei, Ehebruch,
Diebstähle, Verdächtigungen, Meineid, Neid,
Trunkenheit, Streitigkeiten,
Eifersucht, Murren, Ohrenbläserei, Götzendienst,
Wahrsagerei und dem Ähnliches
gibt, da sind sie auch dabei als solche, die Derartiges und noch
Schlimmeresals das verüben.
Darum bitten wir, daß wir vonihnen fortgehen dürfen."
Und Michael sagte zu den Engeln: "Wartet, bis ich vom Herrn erfahren
habe,
was geschehen soll!"
14
Und um eben diese Stunde ging Michael
fort, und die Thore
wurden geschlossen. Und es entstand ein Getöse wie Donner. Und
ich fragte den
Engel:, Was ist das für ein Geräusch?" Und er sprach
zu mir: "Gerade
jetzt bringt Michael die Tugenden der Menschen Gott dar."
15
Und um eben diese Stunde stieg
Michael hinab, und das Thor
wurde geöffnet. Und er trug Öl. Und den Engeln, die
die Körbchen voll gebracht
hatten, füllte er sie mit Öl, indem er sprach: "Tragt
es fort; gebt
hundertfältigen Lohn unseren Freunden und denen, die
mühsam die guten Werkevollbracht haben. Denn die gut säen, ernten auch gut!"
Und erspricht auch
zu denen, die die halbleeren Körbchen brachten: "Tretet auch
ihr herzu,
empfangt den Lohn gemäß dem, was ihr gebracht habt,
und übergebt ihn denMenschenkindern."
Hierauf sagt er sowohl zu denen, die die vollengebracht
hatten, als auch zu denen mit den halbleeren also: "Geht hin und segnet
unsere Freunde und sagt zu ihnen: So spricht der Herr: Über
Wenigem seid ihr
treu, über vieles will ich euch setzen! Geht hin zu eures
Herrn Freude!"
16
Nachdem er sich nun umgewendet hatte,
spricht er auch zu
denen, die nichts gebracht hatten: "So spricht der Herr: Macht kein
trauriges Gesicht und weinet nicht; laßt aber auch nicht die
Menschenkinder
fahren ....
Aber, nachdem sie mich mit ihren Werken erzürnt haben, sollt
ihr hingehen und sie eifersüchtig machen und erzürnen
und erbittern gegen ein
Nichtvolk, gegen ein unverständiges Volk. Außerdem
schickt auch noch aus [gegen
sie] Raupen und ungeflügelte Heuschrecken und Meltau und
gewöhnliche Heuschrecken
und Hagel samt Blitzen und Zorn und zerschneidet sie mitten entzwei mit
dem
Schwert und [tötet sie] mit Pest und ihre Kinder mitDämonen.
Denn sie habennicht auf meine Stimme gehört, haben auch nicht meine Gebote
beobachtet noch
sie gehalten, sondern haben sich als Verächter meiner Gebote
erwiesen und haben
die Priester, die ihnen meine Worte verkündigten,
gemißhandelt."
17
Die Heimkehr.
Und während er noch redete,
ward das Tor geschlossen, und
wir machten uns auf den Rückweg. Und der Engel nahm mich und
brachte mich an
den Ort zurück, wo ich anfangs gewesen war. Und als ich zu mir
selbst kam,
brachte ich Gotte Lobpreis dar, weil er mich solcher Ehre
gewürdigt hatte. Um
deswillen sollt auch ihr, meine Brüder, die ihr einer
derartigen Offenenbarung
teilhaftig geworden seid, Gott verherrlichen, damit auch er euch jetzt
und
immerdar und in Ewigkeit verherrliche. Amen!
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